Schulungen können auf unterschiedlichste Art und Weise gestaltet werden und sollten entsprechend an die Komplexität des zu vermittelnden Wissens angepasst sein. Um einen Wissenstransfer zu schaffen, der den Lernenden zur reinen Wiedergabe der Inhalte befähigt, ist meist ein Frontalunterricht (die gute alte Folienschlacht) ausreichend. Soll jedoch komplexes Anwendungswissen geschaffen werden, ist eine andere Form der Schulung gefordert. Das gängige Muster ist hier eine Abwechslung von Vermittlung der Theorie und anschliessender Anwendung. Dies erfolgt meist digital und vor dem eigenen Computer. Eine unserer Anforderungen an die Erstellung der Schulung bestand darin, suggestopädische Elemente einzubauen, also unter anderem auf spielerische Lernmethoden und analoge visuelle Mittel (z. B. Plakate) zurückzugreifen. Für das Erlernen und Festigen von Wissen wird hier ein Lernkreislauf verwendet. Dieser soll als Vorlage für die Konzeption von Lerneinheiten dienen und besteht aus den folgenden Phasen: Motivation, Wissensaufnahme, Wiederholung, Anwendung und Vertiefung. Diesen Teil aber wie gewohnt nicht mehr über digitale Mittel (die vorher erwähnte Folienschlacht), sondern mit Hilfe von rein analogen Arbeitsmaterialien zu vermitteln, überstieg zumindest anfangs unsere Vorstellungskraft. Dieser Artikel soll kurze Einblicke in den Aufbau unserer Schulung geben, erstellte Methoden beleuchten und die Feedbacks der Teilnehmenden aufzeigen.
Die Zielgruppen
Zuerst wollen wir allerdings noch auf die Notwendigkeit und die Inhalte unserer technischen Schulung für in|sure Health Policy eingehen. Mit dieser Software lassen sich Versicherungsverträge der privaten Krankenversicherung verwalten, wobei die Integration meist im Rahmen von Einführungsprojekten in die Systemlandschaft von Versicherungsunternehmen stattfindet. In diesen Projekten sind Techniker von adesso insurance solutions ebenso wie KundenvertreterInnen präsent. Diese übernehmen in der Anfangsphase eine Grundinstallation der Software und im weiteren Verlauf des Projekts deren Customizing, um sie an die kundenindividuellen Prozesse anzupassen. Um dieses Customizing effizient und qualitativ hochwertig umzusetzen, müssen alle beteiligten Entwickler mit dem Zusammenspiel der verschiedenen Bausteine, Mechaniken und Konzepte von in|sure Health Policy vertraut sein und diese ebenso anwenden können. Daher wird die Schulung sowohl für KundInnen als auch für Mitarbeitende angeboten.
Der rote Faden
Die Inhalte der Schulung spiegeln hier ziemlich genau die technischen Bausteine der Software wider; also beispielsweise das Domänenmodell, die Persistenzschicht, das Batchmodul etc. An diesen technischen Komponenten orientiert sich somit Aufbau und Organisation der Schulung. So gibt zum Beispiel die technische Abhängigkeit der Bausteine die zeitliche Reihenfolge der Inhalte und die Rahmenbedingungen der einzelnen Schulungsabschnitte vor. Bei der Implementierung eines Features in etwa muss genau diese Reihenfolge der technischen Komponenten eingehalten werden und auch für die Release-Anhebungen der Software beim Kunden selbst ist sie essenziell. So werden in den 9 Tagen Schulung, die jeweils aus 3 Blöcken mit je einem Trainerpaar bestehen, die technischen Komponenten und deren Beziehungen zueinander erklärt und auch in technischen Übungen angewandt. Diese technischen Übungen sind hierbei ganzheitlich und ziehen sich wie ein roter Faden durch die Schulung sowie durch die einzelnen Bausteine des Systems. In der technischen Übung wird ein kundenindividuelles Feature von den Teilnehmenden selbst sukzessiv entwickelt, so dass alle Teilgebiete von in|sure Health Policy betrachtet werden und die Techniker gewappnet sind für das Einführungsprojekt und die darauffolgende kontinuierliche Wartung.
Die etwas „anderen“ Lernmethoden
Das Bestandsführungssystem für PKVs basiert auf einem komplexen Datenmodell, welches grundlegend aus neun Ebenen besteht. Auf jeder Ebene sind verschiedene fachliche Informationen zu finden und die Ebenen sind untereinander verknüpft. Ziel der Schulung ist hier nicht, dass die Teilnehmer das Datenmodell auswendig lernen, sondern dass sie verstehen, wofür jede Ebene existiert und verantwortlich ist.
Nach einer initialen Motivation und einem Kurzvortrag der Trainer über die groben Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Ebenen wird den Teilnehmenden während der Wissensvermittlung eine Hälfte der Ebenen durch die Methode des „Speeddatings“ nähergebracht. Hierbei erhält zu Beginn jeder Teilnehmer ein Arbeitsblatt mit Informationen zu jeweils einer der Ebenen und bearbeitet dieses allein. Danach finden sich die Teilnehmer in Zweierpaaren zusammen und „lernen sich kennen“, indem sie sich gegenseitig ihre jeweilige Ebene erklären. Ist dies geschehen, werden die Teilnehmer durchrotiert, sodass nach einigen Durchläufen jedem Teilnehmer jede Ebene erklärt wurde – oder er sie selbst mehrfach erklärt hat.
Dadurch, dass die Teilnehmer sich das Wissen hier nicht nur aneignen, sondern es auch durch die Erklärung mehrfach direkt anwenden müssen, wird das Verständnis deutlich stärker gefestigt als bei einer einmaligen frontalen PowerPoint-Präsentation.
Zur Wiederholung des Themas haben wir uns dann für ein Domino-Spiel entschieden. Hierbei bekommen die TeilnehmerInnen Domino-Plättchen mit einer Ebene auf der linken Seite und einem Attribut einer (anderen) Ebene auf der rechten Seite. Nun müssen sie das Domino so zusammensetzen, dass Ebene und Attribut passend zueinander liegen. Hierdurch können einerseits die Inhalte der Ebenen, als auch die Verbindung zwischen ihnen abgebildet werden. Am Ende könnte das wie auf diesem Bild aussehen:
Um das Spiel abzurunden, wird zusätzlich das einzige digitale Element dieser gesamten Lerneinheit verwendet: eine digitale Schachuhr! Mit einem ausgeklügelten Regelwerk wird die Wiederholung in ein Spiel umgewandelt, welches durch die zeitliche Komponente einen zusätzlichen kompetitiven Anreiz bietet, die Inhalte zu verinnerlichen und zu wiederholen.
Für einen nächsten Themenblock, der Vermittlung des technischen Historisierungskonzeptes, werden den Teilnehmenden Karten von verschiedenen Datenbankspalten und einer Beschreibung dieser gegeben. Manche beinhalten fachliche Daten, manche beinhalten technische Spalten des tatsächlichen Historisierungskonzeptes und manche beinhalten auch Spalten eines anderen Historisierungskonzeptes. Die Teilnehmer lesen diese Beschreibungen, diskutieren diese und klassifizieren sie entsprechend. Dadurch werden die Inhalte sofort hinterfragt, analysiert und in Verbindung mit zuvor gelernten Inhalten gesetzt.
Im Anschluss werden die so erlernten Inhalte durch eine weitere Übung vertieft, in der historische Datenbankeinträge in eine korrekte Reihenfolge gebracht werden müssen. Hierfür bekommen die TeilnehmerInnen die Zeilen als Papierschnipsel, schieben sie hin und her, diskutieren dadurch verschiedene Ansätze und verinnerlichen die Inhalte zusätzlich.
Feedback zur Verbesserung
Um unsere Methoden stetig verbessern zu können, haben wir die Feedbacks der Teilnehmenden erhoben. So wurden die erhofften Vorteile der Speeddating-Methodik zwar von den TeilnehmerInnen bestätigt, aber gleichzeitig wurde die Unsicherheit geäussert, die Inhalte selbst falsch weiterzugeben. Daraufhin haben wir in der nächsten Schulung zwischen der eigenständigen Erarbeitung und der Weitergabe des Wissens einen weiteren Block eingefügt, in dem die Teilnehmer uns Trainern die Inhalte erklären und somit direktes Feedback und Sicherheit erlangen sowie noch offene Fragen sofort beantwortet bekommen. Insgesamt bleibt aber festzuhalten, dass die Teilnehmenden diese unüblichen Methoden in einer technischen Schulung durchaus begrüssen und auch einen Lernerfolg feststellen.
Wir als Trainer waren am Anfang der Konzeptionsphase etwas ratlos, wie man solche technischen Lerninhalte suggestopädisch aufbereiten kann. Nach viel Brainstorming und etlichen Iterationen bei der Erstellung haben wir aber ein ganzheitliches Konzept geschaffen, das nicht nur zum gewünschten Lernerfolg führt, sondern das auch abwechslungsreich ist und mit dem die Schulung Spass macht. Nach dem positiven Feedback aus den bisherigen Schulungen freuen wir uns auf die noch folgenden und begrüssen die hohe Nachfrage im kommenden Jahr.
Sie möchten mehr über unsere in|sure Academy erfahren? Unsere Kollegin Anke Haberland hilft Ihnen gerne weiter.