Sorglos den Ruhestand genießen – mit der Gewissheit, dass die betriebliche Altersvorsorge über eine Pensionskasse gesichert ist, sollte das kein Problem sein. Doch was passiert, wenn die Pensionskasse in wirtschaftliche Schieflage gerät und ihre Leistungen kürzen muss? Im Normalfall muss dann der Arbeitgeber die entstandene Versorgungslücke füllen. Was aber, wenn nun zusätzlich auch noch der Arbeitgeber Insolvenz anmeldet? Die gute Nachricht vorweg: Seit dem 1.1.2022 werden Betriebsrenten über die Pensionskassen für Arbeitnehmer sicherer. Denn nun fallen auch Pensionskassen – zumindest größtenteils – unter den Insolvenzschutz des Pensionssicherungsvereins auf Gegenseitigkeit (PSVaG oder auch nur PSV). Das heißt konkret: Kann die Pensionskasse die laut Versorgungszusage des Arbeitgebers zugesagte Leistung nicht in vollem Umfang erbringen und auch der Arbeitgeber aufgrund von Insolvenz nicht einspringen, tritt der PSV für die entstandene Lücke ein!
Damit sind nun alle fünf Durchführungswege der betrieblichen Altersvorsorge – die Direktzusage, die Direktversicherung, die Unterstützungskasse, der Pensionsfonds und die Pensionskasse – unter bestimmten Bedingungen über den PSV gegen Insolvenz abgesichert.
Risiko-Abschätzung per PSV-Testat
Arbeitgeber, die ihren Arbeitnehmern eine betriebliche Altersversorgung über eine Pensionskasse zugesagt haben, müssen zukünftig hierfür Beiträge an den PSV entrichten, der darüber die entstehenden Kosten finanziert. Zur Ermittlung des notwendigen Beitrags muss jeder Arbeitgeber, der Mitglied des PSV ist, jährlich bis zum 30. September ein sogenanntes PSV-Testat beim PSV einreichen. Dieses dient dazu, das Volumen der durch den PSV zu versichernden Risiken abzuschätzen. Dafür muss getrennt nach Leistungsempfängern und Versorgungsanwärtern mit unverfallbarer Anwartschaft einerseits die Anzahl der betroffenen Zusagen ermittelt werden und andererseits eine Bewertung der jährlichen Versorgungsleistungen zu diesen Zusagen vorgenommen werden. Diese Bewertung ergibt die sogenannte Beitragsbemessungsgrundlage.
Aufgrund der gemeldeten Beitragsbemessungsgrundlagen und der Höhe der in diesem Jahr aufgetretenen Schäden (inklusive einer Prognose für den Rest des Jahres) setzt der PSV Mitte November den für das laufende Jahr zu zahlenden Beitragssatz fest.
Heute besitzt der PSV insgesamt 100.000 beitragspflichtige Mitglieder und sichert 13,8 Millionen Versorgungsberechtigte ab. Damit steht ein Kapitalwert von 368 Milliarden Euro unter dem Schutz des PSV. Bis heute ist der PSV in 20.000 Schadensfällen eingesprungen und hat dabei Zahlungen in Höhe von 29 Milliarden Euro geleistet.
Warum nun auch eine PSV-Pflicht für Pensionskassen?
Diskussionen, auch über Pensionskassen erteilte Zusagen durch den PSV abzusichern, gab es bereits seit 1974, der Entschluss dazu fiel jedoch erst 2020 und wurde vor allem durch zwei Faktoren beeinflusst: Zum einen bringt die nun seit über einem Jahrzehnt andauernde Niedrigzinsphase auch Pensionskassen immer mehr in finanzielle Probleme, zum anderen entschied der EuGH am 19.12.2019, dass gemäß der europäischen Insolvenzschutzrichtlinie zumindest ein gewisses Mindestmaß der Altersleistung in jedem Fall vor Insolvenz geschützt sein muss. Der nun beschlossene vollständige Schutz geht weit über dieses Mindestmaß hinaus und soll damit das Vertrauen in die betriebliche Altersvorsorge weiter stärken.
Die bereits in der Einleitung erwähnten Ausnahmen von der PSV-Pflicht sind dabei nachvollziehbar: Pensionskassen, die der Sicherungseinrichtung Protektor angehören, sind bereits über diese vor Insolvenz geschützt und benötigen daher keinen weiteren Schutz durch den PSV. Dieser ist ebenso entbehrlich für Einrichtungen des öffentlichen Dienstes wie die VBL, da öffentlich-rechtliche Arbeitgeber nicht in die Insolvenz gehen können.
Die Sicherung für eine über Pensionskassen durchgeführte betriebliche Altersvorsorge greift erst für Insolvenzen ab 2022, für Altfälle wird nur das vom EuGH vorgeschriebene Mindestmaß abgesichert und in diesem Falle zwar über den PSV abgewickelt, aber vom Bund bezahlt, da für diesen Zeitraum keine Beiträge der Arbeitgeber an den PSV geflossen sind.
Besonderheiten für Pensionskassen
In den Jahren 2021 bis 2025 müssen Arbeitgeber, die ihre betriebliche Altersvorsorge über Pensionskassen durchführen, zudem erhöhte Beiträge an den PSV zahlen, um neben der Abdeckung der laufenden Kosten auch für diese Zusagen wie für die anderen Durchführungswege ein Sicherungsvermögen für besonders schadensreiche Jahre aufzubauen.
Ein Risiko bleibt jedoch für Arbeitnehmer: Bei der Liquidation eines Arbeitgebers kann die Zusage ohne Zustimmung des Arbeitnehmers von der Pensionskasse selbst übernommen werden. Kürzt diese dann später aufgrund wirtschaftlicher Schieflage die Leistung, gibt es keinen Arbeitgeber mehr, der für die entstandene Lücke einstehen könnte, und da in diesem Fall auch keine Insolvenz vorliegt, ist auch der PSV nicht zuständig. Diese Lücke in der Absicherung wird damit begründet, dass es nicht Aufgabe des PSV sein kann, das komplette Kapitalanlagerisiko der Pensionskasse zu übernehmen.
Geht ein Arbeitgeber in die Insolvenz, prüft die Aufsichtsbehörde (meist die BaFin), ob dadurch auch die Pensionskasse in Schieflage geraten kann. Ist dies der Fall, kann sie eine Übertragung des Kapitals, welches den Arbeitnehmern des betroffenen Arbeitgebers zuzuordnen ist, auf den PSV anordnen, der dann die komplette Zusage übernimmt.
Ein überfälliger Schritt, der das Vertrauen stärkt
Die Einbeziehung von Pensionskassen in den Schutz des PSV ist ein sehr vernünftiger und eigentlich sogar überfälliger Schritt. Dieser garantiert für alle Durchführungswege der betrieblichen Altersvorsorge gleichermaßen einen starken Schutz vor Insolvenz, der aufgrund der Langfristigkeit von Zusagen bei der Altersvorsorge allgemein unabdingbar ist, um das Vertrauen in diese zu stärken.
Die adesso insurance solutions GmbH bietet mit in|sure CollPhir eine Standardsoftware zur Verwaltung von betrieblicher Altersvorsorge, die in den Durchführungswegen Unterstützungskasse, Pensionsfond und Pensionskasse ebenfalls automatisiert PSV-Testate unter Berücksichtigung aller Besonderheiten erstellen kann. Somit können Arbeitgeber auch unnötig erhöhte PSV-Beiträge vermeiden, die entstehen, wenn zur Vereinfachung der Rechnung auch (Teil-)Anwartschaften in die Beitragsbemessungsgrundlage miteinbezogen werden, die noch gar nicht PSV-pflichtig sind. Solche Beiträge ohne gesetzliche Grundlage werden vom PSV zwar nicht zurückgewiesen, lösen aber dennoch keine Einstandspflicht des PSV im Insolvenzfall aus. Somit bringen sie auch den betroffenen Arbeitnehmern keinerlei Vorteile.