Als Ende der 90er Jahre einige private Krankenversicherer den Posteingang von Papier auf ein Dokumentenmanagement System (DMS) umstellten, da war das bereits eine Revolution.
Optical Character Recognition (OCR) sorgte dann dafür, dass aus eingescannten Dokumenten der Text erkannt und erfasst werden kann. Die elektronische Texterkennung Intelligent Character Recognition (ICR) ermöglichte dann neben der Klassifizierung des Dokumententyps auch die Erfassung der Inhalte. Dabei arbeiten in jedem Input Management unterstützende Plausibilitäten mit, die eine manuelle Nacherfassung von Dokumenten vereinfachen und die Erkennungsrate auf weitere Level heben. Zudem kann mit zusätzlich angeschlossenen Partnerunternehmen teilweise ein Service Hub genutzt werden, d.h. eine Schnittstelle zum direkten Einspielen von Rechnungsdaten bspw. von Verrechnungsstellen.
Der Begriff „Dunkelverarbeitung“ wurde daraufhin zum Synonym für die Möglichkeit von automatisierten Leistungsabrechnungen und hat es zu einem Wikipedia-Eintrag gebracht. Das zeigt damit zumindest die gestiegene Relevanz. Dort werden die typischen Aufgaben vorgestellt und die Vorteile kurz beschrieben: Die Vorteile der Dunkelverarbeitung liegen in der Verkürzung der Verarbeitungszeit und Steigerung der Bearbeitungsqualität bei standardisierten Vorgängen, die keine Benutzerinteraktion erfordern. Über den Fortschritt oder die Perspektive erfährt man dort relativ wenig. Genau diese Informationen sind jedoch erfolgversprechend für eine weitere Entwicklung. Denn potenziell positive weitere Auswirkungen in einem gesamten Versicherungsbetrieb auf Service, höhere Arbeitsqualität, verbesserte Kostenstrukturen und besseren Backoffices für den Vertrieb wären ebenfalls interessant.
Seitdem hat sich viel entwickelt und die Erkennungsraten der Softwareanbieter haben sich verbessert. Mit den erfassten Daten können nachgelagerte Berechnungskomponenten oder ganze Leistungssysteme im Leistungsprozess arbeiten. Damit kam man der automatisierten Bearbeitung, also der Idee der Dunkelverarbeitung von Leistungsanträgen, ein großes Stück näher. Einige Versicherer sind da heute schon sehr weit und arbeiten mit den erfassten Daten in der Leistungsbearbeitung.
Die Leistungsmanagementsoftware in|sure Health Claims kann mit den erfassten Daten aufgerufen werden. Sie ist darauf ausgelegt, die Leistungsberechnung möglichst automatisiert zu verarbeiten. Für die Standards soll in|sure Health Claims das Massengeschäft zur Verbesserung von Durchlaufzeiten übernehmen und mehr Zeit für Individualbearbeitung schaffen. Bei den übrigen Leistungsvorgängen sollen sich die MitarbeiterInnen auf die Vorgänge konzentrieren, welche einer komplexen Bearbeitung bedürfen.
Im Backend liegt noch Potenzial!
Im Hinblick auf die digitale Zukunft von Versicherungen hat sich bei den Frontends viel getan, aber dennoch bleibt das Backend der Schlüssel zur Modernisierung. Bei der Anbindung von in|sure Health Claims an die Umsysteme der Versicherer, sind die Projektteams auch regelmäßig mit dem Input Management und den Leistungsabteilungen konfrontiert. Bei den Gesprächen mit Versicherern, die OCR/ICR bereits nutzen oder vor kurzem eingeführt haben, bleibt der Eindruck, dass die Vorgangsrückstände konstant sind. Begründet wird dies mit fehlenden Erfahrungswerten, einer geringen Erfassungsqualität und dem finanziellen Risiko einer möglichen falschen Berechnung und Auszahlung von Leistungen.
Lebt die Idee von der Dunkelverarbeitung?
Das Potenzial der Dunkelverarbeitung wird nicht im Sinne der machbaren Qualität ausgeschöpft! Die Organisationsstrukturen in den meisten Unternehmen sehen getrennte Abteilungen mit Input Management und Leistungsabteilung vor. Damit ist eine einheitliche Verantwortung nicht immer gegeben. Das Vertrauen in die Erfassungsqualität ist oftmals nicht durchgängig definiert oder vorhanden. Monetäre Anreize für MitarbeiterInnen oder eine Budgetierung auf abteilungsübergreifende Qualität wird selten vorgenommen. Ein Ansprechpartner im Fachbereich eines Versicherers unterstrich die These mit der Aussage: „Wir reagieren dann, wenn offiziell ein Fehler auftritt.“
Das muss so nicht bleiben und der Qualitätsmanagement-Ansatz von Six Sigma könnte eine Lösung für mehr Vertrauen in Daten und der Nutzung von Dunkelverarbeitung darstellen. Der für solche Situationen entwickelte Prozess Define – Measure – Analyse – Improve – Control (DMAIC) könnte das unterstützen.
In den technischen Systemen des Input Managements werden die Daten in einem Dokument pro Datenfeld bewertet. So wird je nach Software beispielsweise eine dreistufige Einordnung von unsicher bis sicher farblich markiert oder eine Bewertung mit Qualitätsschlüsseln vorgenommen. Diese werden pro Datenfeld z.B. wie folgt erzeugt:
- Wert nicht verwendbar
- Wert von ICR nicht gefunden
- Wert sicher von ICR gefunden
- Wert von ICR unsicher gefunden und durch automatische Formatprüfungen akzeptiert
- Wert von ICR unsicher gefunden und durch MitarbeiterInnen verändert
Im Measure-Schritt ermittelt das Projektteam mit verschiedenen Methoden und Instrumenten, ob der Prozess die Kundenanforderungen an Qualität abdeckt. In der anschließenden Analyse werden durch eine Überprüfung des Prozesses und der Daten die Ursachen für das Problem identifiziert.
Mit den Phasen Define, Measure und Analyse sollten Input Management und Leistungsabteilung ausgiebig Zeit verbringen. Der wirkliche Kern der Probleme muss identifiziert werden. Es darf nicht zu dem menschlichen Reflex nach Sofortlösungen oder Quick-Wins kommen. Diese wären zwar sofort umsetzbar, aber sie verhindern eine dauerhaft implementierte Qualität.
Im darauf folgenden Improve wird nach Lösungen für die erkannten Fehler mit Kreativitätstechniken gesucht und auf Umsetzbarkeit überprüft und beurteilt. Eine gemeinsame Umsetzung der qualitativen Verwendung von Datenfeldern muss erarbeitet werden. Es braucht eine gemeinsame Definition durch das Input Management und die Leistungsabteilung, wie einzelne Daten und die Summe der Daten pro Dokumententyp qualitativ bewertet werden.
Bei der Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses, wie die Erfassungsqualität eines gesamten Dokuments bewertet werden könnte, gäbe es folgende Möglichkeiten:
- Gewichtung durch ein arithmetrisches Mittel hat die Vorteile einer Konfiguration für alle Dokumententypen und eines niedrigen Konfigurationsaufwandes im laufenden Betrieb.
- Die einzelne Gewichtung der Datenfelder nach Relevanz hat den Vorteil, dass einzelne Datenfelder von der Nutzung generell ausgeschlossen oder mit Praxiskenntnissen eingestellt werden können.
Auch Mischformen nach Dokumententyp können Anwendung finden. Danach kann der Test einer Dunkelverarbeitung in einem nachgelagerten Leistungssystem erfolgen. Sind die Datenfelder vollständig, die Qualitätsschlüssel im Rahmen der fachlich akzeptierten Qualität, dann erfolgt eine Dunkelverarbeitung. Werden die Qualitätsschlüssel in einem Dokumententyp nicht akzeptiert, so wird eine Dunkelverarbeitung abgebrochen.
Die nachhaltige Implementierung erfolgt dann in einem gemeinsam dokumentierten Standard. Dazu werden die Maßnahmen in Control regelmäßig gemessen. Kommt es zu Abweichungen wird mit definierten Maßnahmen korrigiert. Hier braucht es eine nachhaltige Kontrolle und Messungen, um die Qualität für die Dunkelverarbeitung nach und nach anheben zu können.
Gemeinsam für eine höhere Dunkelverarbeitung
Die gemeinsame Sicht von Input Management und Leistungsabteilung kann verbessert und durch einen gemeinsam gedachten Prozess aufgesetzt werden. Mehr Akzeptanz und mehr Vertrauen in die Prozessautomatisierung können Freiraum für individuelle Vorgangsbearbeitung schaffen und zu schnelleren Kundenservice für die Versicherten führen. Gemeinsam ist eine höhere Dunkelverarbeitung möglich.
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