Der Begriff der Blockchain elektrisiert Wirtschaft und Medien gleichermaßen. Da bildet die Versicherungswirtschaft keine Ausnahme. Zur Popularität des eigentlich sehr technischen Themas trägt sicher bei, dass die Kryptowährung Bitcoin auf der Blockchain basiert. Welche Auswirkungen kann diese Technologie auf Versicherungsunternehmen und Versicherte haben?
Um mediale Aufmerksamkeit zu bekommen, schmücken sich derzeit viele Start-ups und Fintechs mit dem Hinweis auf die Blockchain. Die Erwartungen an die neue Technologie sind über alle Branchen hinweg hoch. Und wie bei allen Themen mit einer übersteigerten Aufmerksamkeit ist es nicht ganz leicht, seriöse Ansätze von puren Fantasien zu unterscheiden.
In Kern handelt es sich bei der Blockchain um ein digital angelegtes Verzeichnis von Transaktionen, das nicht auf einem zentralen Server liegt, sondern auf den daran beteiligten Computern. Über einen besonderen Mechanismus basieren die protokollierten Transaktionen aufeinander und hängen somit wie die Glieder einer Kette zusammen. Das sorgt dafür, dass die Blockchain als fälschungssicher gilt, denn wenn an einer Transaktion nachträglich eine Änderung vorgenommen wird, ist die Kette unterbrochen, die Manipulation fällt zwangsläufig auf.
Der erste konkrete Anwendungsfall für die Blockchain ist die Kryptowährung Bitcoin, aber sie ist längst nicht alles, was die Blockchain vermag. Das britische Start-up Everledger verwendet die Blockchain zur Registrierung von Diamanten. Händler, Juweliere aber auch Versicherer können damit Herkunft und Echtheit eines Steins überprüfen.
Smart Contracts und Blockchain bieten neue Möglichkeiten
Bereits im Oktober 2016 gründeten Aegon, Allianz, Munich Re, Swiss Re und Zurich die Blockchain Insurance Industry Initiative (B3i) zur Erforschung dieser Technologie. Was bewegt diese großen Marktteilnehmer dazu, sich intensiv mit der Blockchain zu beschäftigen?
Es sind sogenannte „Smart Contracts“, die unter anderem das Interesse bei den Versicherern wecken. Sobald eine oder mehrere vordefinierte Bedingungen erfüllt werden, führen Smart Contracts bestimmte Aktionen automatisch aus. Axa hat hier mit „Fizzy“ auch bereits ein erstes Produkt an den Start gebracht. Flugreisende können damit eine Versicherung gegen Verspätungen abschließen. Sie basiert auf Basis der Blockchain und funktioniert vom Abschluss bis zur Auszahlung im Schadenfall vollständig automatisiert. Generell bietet sich der Einsatz der Blockchain immer dann an, wenn mehrere Parteien untereinander regelmäßig Daten austauschen, die verifizierbar sein müssen. Wobei diese Transaktionen der Parteien voneinander abhängen.
Die Allianz Risk Transfer AG hat bereits erfolgreich ein Projekt mit Naturkatastrophen-Swaps auf der Basis einer Blockchain beendet. Durch die Reduzierung der manuellen Eingaben der Intermediäre wurden zeitliche Verzögerungen und Fehleingaben aus dem Prozess entfernt. Ein anderer Anwendungsfall bietet sich in der Retrozession. Ein bestehendes Problem für den Retrozessionär ist dabei, den Überblick über die abgesicherten Risiken zu behalten. Die Blockchain erlaubt die dezentrale Ablage der Risiken. Auch bei wiederholter Rückversicherung bleiben diese transparent und nachvollziehbar. Kombiniert mit Smart Contracts könnten beim Eintritt des Schadenereignisses Zahlungen binnen kürzester Zeit erfolgen. Rein technologisch nahezu in Echtzeit.
Alle diese Beispiele würden sich auch mit konventionellen Datenbanken lösen lassen. Hier besteht aber nach wie vor das Problem von eingeräumten oder extra gebauten Schnittstellen. Die Blockchain ist an dieser Stelle überlegen, weil hier eine Einheitlichkeit bereits auf der Basis des Grundsystems herrscht.
Die Blockchain wird den Menschen erst mal nicht überflüssig machen
Blockchain und Smart Contracts werden der Versicherungswirtschaft sicher dabei helfen, Prozesse zu optimieren und Kosten zu reduzieren. Das Potenzial, die Digitalisierung in den Gesellschaften voranzutreiben, hat die Technologie ohne Zweifel. Den Menschen und seinen Sachverstand wird sie aber in absehbarer Zeit nicht überflüssig machen. Die bisher pilotierten Anwendungen sind für mehr oder weniger einfache „Wenn-Dann-Verkettungen“ wie geschaffen. Bei komplexeren Entscheidungen wird auch in Zukunft noch der menschliche Sachverstand gebraucht. Menschliches Misstrauen und kritischer Sachverstand werden auch nicht zu ersetzen sein, wenn es um die Entdeckung neuer Maschen von Betrugsversuchen geht. Hier wird möglicherweise künstliche Intelligenz bei der Erkennung von Mustern unterstützen, aber Erfahrungen und Intuition sind nur schwer zu ersetzen.
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